LSD mit C.

Ich und C. sitzen auf einer Lichtung im Wald. Ich laufe in Socken über den Waldboden der nur noch kleines Plastikspielzeug ist, aber unendlich liebevoll gestaltet.

 

Ich hebe eine Tannennadel hoch und zerdrücke sie. Fasziniert betrachte ich das Material. Die ganze Welt besteht aus einem Meer aus kleinen glänzenden Plastikbauteilen. Ich darf mit meinen Händen nicht zu tief hineinfahren, weil es darunter feucht wird und ich keine dreckigen Hände möchte.

 

Noch wirkt das LSD nur schwach, in diesen Momenten fragte man sich oft ob das überhaupt das LSD ist was man gerade spürt und realisiert meist erst eine Weile später plötzlich:

 

Jap ich bin sowas von drauf.

 

Ein Pärchen sitzt ebenfalls zu der Lichtung, sie sind auf ein Gespräch aus. C. Regelt das, zum Glück. Sagt ihnen Hallo oder so. Mehrmals drehe ich mich um und immer sitzen die zwei noch da, obwohl sie aussehen als würden sie nur eine kurze Verschnaufspause machen.

 

Mein sehnlichster Wunsch ist es, dass die beiden verschwinden.

 

Wir hocken mucksmäuschenstill und verkrampft da, ich zumindest, dann, hundert Jahre später, verschwinden sie endlich.

 

Wir fahren mit dem Fahrrad den Berg herunter, ohne Ziel. Die Ziellosigkeit belastet mich plötzlich ungemein. Was tun wir hier eigentlich, was hat das alles für einen Sinn? Was hat es für einen Sinn? Was für einen Sinn? Was tun wir? Was für einen Sinn? Was...

 

"Sieh mal!" C. Zeigt ins Dorf runter, ein wunderbarer Ausblick. Alles leuchtet und bewegt sich.

 

Wir fahren durch das seltsam fremde, geheimnissvolle Dorf, ich fühle mich, als würde sich alles drehen, aber Mühe mit dem Gleichgewicht habe ich kein bisschen.

 

Wir machen Pause auf einer Bank, C. Ist voller Energie, ich möchte nur sitzen, das Zeug das ich unnötigerweise dabeihabe mal eine Weile weglegen. Es ist heiss, ich habe viel zu viel an. Kann ich überhaupt noch einschätzen wie heiss mir ist? Ich fühle mich seltsam.

 

Ich will mich ausziehen. Darf man sowas in der Öffentlichkeit? Ich glaube nicht, bin mir aber nicht mehr sicher. Sicherheitshalber ziehe ich nur meine Jacke aus.

 

Ein altes Pärchen kommt aus der Ferne näher und schon steigt die Sozialphobie wieder in mir auf. Ich versuche mich abzulenken, mit C. über irgendwas zu reden, aber unbarmherzig kommen sie näher und näher.

 

Wir sehen geradeaus, hundert wirre Gedanken später nochmals nach rechts gesehen und die kommen IMMER NOCH NÄHER. Ich muss lachen, C. grinst.

 

Als sie vorbeigehen kann ich mir so knapp ein Lachen verkneifen, ich fühle mich wie bei einem Seiltanz, immer ganz knapp vor dem Absturz in den Wahnsinn. Aber es ist kein schlechtes Gefühl.

 

Wir sind in seinem Zimmer er wollte irgendwas holen und ich hab mich aufs Bett geworfen. Ich weiss nichts mehr, kann nichts mehr einschätzen. Die Decke dreht sich, alles dreht sich aber nicht wie im Alkoholrausch sondern doch irgendwie klar. Ich verstehe nichts mehr, ich verstehe alles.

 

C. will wieder gehen. Sein Eltern kommen bald. Eltern kommen bald, was heisst das? Von was reden wir. Ich habe das Gefühl ich dringe zu einem unbekannten Ursprung vor. C. sieht mich mit einer Teufelsfratze an aber ich habe keine Angst vor ihm.

 

"Mir gehts echt nicht mehr gut." höre ich mich irgendwann sagen. Was ist hier los? C. kümmert sich um mich, ist er mein Betreuer? Bin ich mein Leben lang schon behindert und hab das nur erst jetzt verstanden? Ich kann doch nicht wissen ob es nicht wirklich so ist. Woher soll ich das wissen?

 

Die Stimmung im Raum wird irgendwie erotisch, das ist mir unangenehm, wir liegen beide auf dem Bett ich will ihm sagen dass ich sexuell nichts von ihm will aber lasse es dann doch. Alles ist rötlich eine ruhige, seltsame Musik spielt und ich fühle mich jetzt recht wohl, obwohl ich keine Ahnung mehr habe wo ich bin und was mit mir geschieht. Das Ausmass der geometrischen Muster die ich überall sehe ist auf dem Höhepunkt, die Welt ist ein leuchtender harmonisch bewegter Haufen. Meine Gedanken ziehen in einem schwerfälligen Kreis und gehen in alle Richtungen ins Nichts. Ich habe das Gefühl, als sei ich beim Ursprung an dem die Anfangsbedingung der Welt gesetzt wurden.

 

Irgendwie kriegt mich C. aus dem Bett. Später stellt sich heraus, dass wir so nur knapp seinen Eltern entgangen sind. Ich bestehe darauf, keine Schuhe anzuziehen, als wir das Haus verlassen. Ich wollte den Boden unter den Füssen spüren, die Gewalt über meine Entscheidungen zurück, auch wenn meine Socken dreckig werden.

 

Auf einer Wiese nahe dem Dorf lassen wir die Droge ausklingen.

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